Am 09.08.2022 (10.08.2022 in der Print Ausgabe) veröffentliche die junge Welt ein Interview mit mir zur Beauftragung einer Personalagentur im Rahmen der Präsident*innenwahlen an der FU durch die Kanzlerin Andrea Bör und den Dokumenten, die ich im Rahmen einer IFG Anfrage erhalten hatte. Zur Transparenz veröffentliche ich hier das unbearbearbeitete und ungekürzte Interview. Es sei besonders darauf hingewiesen, dass ich in meinen Antworten mit “*” gegendert habe und die junge Welt, dass trotz explizitem Wunsch zu generischem Maskulinum geändert hat.
Herr Besendorf, Sie verfolgen nun seit geraumer Zeit die Causa Bör an der Freien Universität. Zu Ihrer Person. In welchen Funktionen taten Sie das? Ich bin Referent für Kommunikation und Datenschutz im AStA der FU. In dieser Funktion nehme ich auch seit 2017 den Sitz des AStA im Akademsichen Senat war und kenne Frau Bör also schon länger. Im Akademsichen Senat war die Beauftragung einer Personalagentur im Rahmen der Präsident*innenwahl durch die Kanzlerin seit Ende letzten jahres öfter Thema in öffentlichen und nicht-öffentlichen Sitzungen.
Ein Alleingang der Kanzlerin stürzte die FU vergangenes Jahr in die Krise, was war geschehen? Eine Professorin aus dem Akademsichen Senat schrieb eine Email an die anderen im AS vertretenen Listen und wies darauf hin, dass eine Personalagentur zur Unterstützung der Präsident*innenwahl beauftragt wurde. Die Mitglieder des AS waren geschockt über diese Information, da sie zuvor nicht dazu gefragt worden waren. Es wurde dann eine Sondersitzung des AS abgehalten.
Nun haben Sie durch eine Informationsfreiheitsanfrage zuvor interne Dokumente wie den Vertrag zwischen der FU und der Personalagentur erhalten und veröffentlicht. Was geht daraus hervor? Die Dokumente zeigen, dass Frau Bör eigenmächtig und sogar ohne Absprache im Präsidium die Personalagentur beauftragt hat weitere Kandidatinen für die Wahl desder Präsident*in der FU zu finden. Besonders brisant ist, dass in der Korrespondenz mit der Agentur mehfrach auf die strikte Vertraulichkeit hingewiesen wird. Auch geht aus den Mails zur Vertragsauflösung, die Güther Ziegler angewiesen hat, hervor, dass der Dienstleister bereits eine Abschlagzahlung erhalten hat.
Was sagen Sie zu der Geheimhaltungsvereinbarung? Welche Bedeutung hat das? Die Vereinbarungen zur Vertraulichkeit zeigen, dass Frau Bör ganz bewusst die Beauftragung geheim halten wollte. Auch vor den anderen Präsidiumsmitgliedern.
Viele Textstellen sind geschwärzt, warum ist das Ihrer Meinung nach so? Teilweise - etwa aus Datenschutzgründen - sind Schwärzungen üblich. Zum Beispiel werden Namen von Sachbearbeiter*innen geschwärzt. Hier ist aber in der Tat besonders viel geschwärzt. Unter Anderem auch die Vergütung des Dienstleisters und die Höhe der bereits gezahlten Abschalgszahlung. Die FU beruft sich hier auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Die Rechtssprechung sagt aber, dass es sich bei Pauschalpreisen wie hier nicht um Geschäftsgeheimnisse handelt. Auch die Schwärzungen weiterer großer Textstellen im Vertrag ist nicht nachvollziehbar. Ich habe bei der FU Widerspruch gegen die übermäßigen Schwärzungen eingereicht.
Mehrere tausend Euro aus dem viel beschworenen klammen FU Haushalt sind bereits geflossen. Ausserdem bezieht die Kanzlerin weiter Lohn. Welche Wirkung hat das auf den Unibetrieb? Das ist natürlich Thema an der FU. Besonders bei den Beschäftigten. Auch vorher waren viele Mitarbeitenden bereits nicht gut auf Frau Bör zu sprechen, die sich mit einem harten Führungsstil nicht beliebt gemacht hatte. Das Frau Bör nicht zurückgetreten ist führt zu Verwunderung und Frustration. Vor dem Hintergrund weiterer zahlreicher Probleme war das der Tropfen der für viele das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Viele haben gekündigt und die FU verlassen.
Welches Prozedere steht rechtlich hinter dem Entzug der Dienstgeschäfte? Muss die Kanzlerin weiter von der FU beschäftigt werden? Die Kanzlerin ist nach BerlHG Beamtin auf Zeit. Ihre Dienstherrin ist die Senatsverwaltung für Wissenschaft. Diese hat entschieden ihr die Führung der Dienstgeschäfte zunächst für 3 Monate zu untersagen. Das ist nach dem Gesetz nur möglich wenn es keine andere Möglichkeit gibt und eine Fortführung der Dienstgeschäfte der Dienstherrin nicht zugemutet werden kann. Das war offensichtlich der Fall. In der Zeit blieb sie aber im Arbeitsverhältnis und bezog weiter Gehalt. Nachdem die 3 Monate abgelaufen waren konnte die Senatsverwaltung die Untersagung der Dienstsverhältnisse nur verlängern indem sie ein Disziplinarverfahren gegen Frau Bör einleitet. Das ist entsprechend geschehen. Es ist davon auszugehen, dass Frau Bör sich anwaltlich vertreten lässt und die Maßnahmen der Senatsverwaltung gerichtlich überprüfen lässt.
Unter Bör wurde eine konfrontative Personalpolitik gefahren unter der laut Presseberichten inzwischen auch der Unibetrieb leidet? Was erwarten Sie sich von einer neuen Kanzlerin? Das stimmt. Auch 2018 hatte Frau Bör schon streikenden studentischen Beschäftigen mit der Kündigung gedroht. Das Verhältnis zum Personalrat galt als zerrüttet. Eine neuer Kanzlerin muss zeigen, dass ersie die Mitbestimmungsrechte aller Statusgruppen der Hochschule ernst nimmt und das Verhältnis zum Personalrat verbessern.